Sonntag, 17. Januar 2016

Ein Heiliger im Januar - Ælred of Rievaulx

Ælred oder Ailred ist einer Tagesheiligen im Januar. Ich habe ihn vor fast vier Jahren gemalt, mit Kaffee und Rotwein. Ich liebe es, so zu malen und auch ein wenig den Mittelalterstil zu kopieren.
Ælred ist übrigens Altenglisch und eine Abwandlung des Namens Æðelred - beides bedeutet edler, nobler, vornehmer oder auch adliger Berater.


Ælred of Rievaulx war ein Angelsachse und wurde im Jahr 1110 als Sohn eines verheirateten Priesters in Hexham, Northumbria, geboren.
Damals war so etwas immer mal wieder noch möglich. Der von Papst Benedikt VIII auf der Synode von Pavia zusammen mit Kaiser Heinrich II angeordnete Zölibat hatte sich noch nicht durchgesetzt. Vielleicht hat er daher auch seine wohltuende Einstellung. Übrigens ging es beim Zölibat nur vordergründig oder als schlechte Entschuldigung um Keuschheit und kultische Reinheit. Eigentlich ging es darum, dass der Besitz der verheirateten Priester an deren Kinder ging und nicht an die römische Kirche. Verkündet wurde der Beschluss nicht allerorten groß...den Bischof von Passau hätte man fast gelyncht, als er es tat.
Wie auch immer, ganz verbindlich wurde der Zölibat erst mit dem Zweiten Laterankonzil 1139 - erstaunlicherweise hatten auch etliche Stimmen aus dem Volk danach gerufen - wohl um Nepotismus Vetternwirtschaft etwas einzuschränken. Aber zurück zu  Ælred.
Bekannt ist er auch als Ailred oder Ethelred.
Als Ælred etwa 20 Jahre alt war, also um das Jahr 1130 herum, schickte sein Vater ihn an den Hof König Davids I. von Schottland, wo eine enge Freundschaft zwischen ihm und dem König erwuchs, die ihm mit Sicherheit nicht wenige Neider einbrachte. David machte ihn sogar zu seinem Seneschall – trotzdem verließ Ælred seinen Hof schon 1133 wieder, um der Zisterzienserabtei Rievaulx Abbey in Yorkshire beizutreten. (Dank Henry VIII. stehen von der wunderschönen Abtei heute nur noch die Ruinen….)

Der Eintritt ins Kloster hinderte ihn jedoch nicht daran, weiterhin Beziehungen zu haben, so ist es auch unter anderem bei seinem Biographen John Boswell zu lesen. Der Schnuffi war übrigens höchstwahrscheinlich homosexuell – auch seine Schriften lassen dies mehr als durchschimmern. In seinem Werk De Spirituali Amicitia (Von der spirituellen Liebe) schildert er ganz selbstverständlich, wie er sich schon als Schuljunge in Mitschüler verliebte. (Ich für meinen Teil finde das gerade für jemanden, der heilig gesprochen wurde sehr sympathisch.)

Im Jahr 1142, gerade mal Anfang 30, wurde er Abt eines neuen Hauses seines Ordens in Revesby, Lincolnshire und fünf Jahre später Abt von Rievaulx, wo er auch den Rest seines Lebens verbringen sollte. (Sein Vorgänger dort war Bernard von Clairvauxs Sekretär William gewesen.) Unter seiner Verwaltung vergrößerte sich die Abtei auf ca. 600 Mönche und Ælred machte auch jedes Jahr Besuche in anderen Zisterzienserklöstern Englands und Schottlands. Er schien ohnehin recht reisefreudig zu sein und besuchte auch Citeaux und Clairvaux, sozusagen die Wiegen der Zisterzienserklöster.

Ælred schrieb zahlreiche einflussreiche Bücher über Spiritualität wie Speculum Caritatis (Spiegel der Barmherzigkeit, dies auf Anfrage Bernards von Clairvaux) und das bereits zuvor erwähnte De Spirituali Amiticia (welches er auf meinem Bild auch in der Hand hält).
Außerdem verfasste er sieben geschichtliche Arbeiten von denen zwei an die Adresse Henrys II. von England (der auf diesem Blog bereits mehrfach erwähnte Henry II. Plantagenet – Vater von Richard I. The Lionheart und John I. Lackland) mit vielerlei Ratschlägen, wie er ein guter König werde/sei. Ælred wurde auch nicht müde, Henry in seinen Werken als den wahren Nachfolger der Angelsächsischen Könige zu erklären.
So war er bis ins 20. Jahrhundert auch viel eher als Historiker denn als spiritueller Autor bekannt – jahrhundertelang war sein berühmtestes Werk sein “Life of Saint Edward, King and Confessor.”
Bei der Überführung der Gebeine Saint Edwards nach Westminster Abbey im Jahr 1163 war Ælred zusammen mit Henry II und Thomas Becket anwesend und hat, soviel ich weiß, auch eine Rede/ein Gebet dazu gehalten.
Der Benediktinermönch und Historiker David Knowles nannte Ælred wegen seiner Erfolge in Verwaltung und als Autor den St. Bernard des Nordens. Knowles scheint ein Fan Ælreds gewesen zu sein…er nannte ihn auch eine ausgesprochen attraktive Persönlichkeit und betonte, dass kein anderer Mönch des 12. Jahrhunderts so im Gedächtnis verblieb.

Ælred war wohl einer der einflussreichsten Männer seiner Zeit. Er beriet andere Äbte und Bischöfe und stand in freundschaftlicher Korrespondenz mit Königen und dem Papst. Zeitlebens blieb er ein enger Freund Davids I. von Schottland und einer der Berater Henrys II. von England. Er war höchst integer, besaß einen gesunden und auch durchaus weltlichen Menschenverstand, war geistreich und redegewandt, angenehme Gesellschaft, großzügig und umsichtig. So liest man auch in auch Jocelin of Furness’ (einer seiner Zeitgenossen und ein Mitmönch) Life of St. Waldef. Dass er ihn im gleichen Werk auch zärtlich und geduldig nennt, spricht für das gute Verhältnis der beiden.
Auch Jocelin betont, dass Ælred sehr verständnisvoll war, wenn es um die menschlichen Schwächen ging, sowohl die fleischlichen als auch die moralischen.

Überhaupt richtete Ælred sein Augenmerk viel mehr auf die Menschen als auf irgendeine Vergeistigung und die Liebe zwischen zwei Menschen war für ihn etwas absolut wunderbares, das niemals zu verurteilen war. Vollkommen egal, ob sie zwischen hetero- oder homosexuellen Paaren entstand.
In der Liebe zu einem anderen Menschen sah er den Abglanz der Liebe Gottes und darin auch ein Näherkommen zu Gott. Er nahm anscheinend auch kein Blatt vor den Mund, wenn es im ihn selbst ging. So ist bekannt, dass er sich in seinem Leben in zwei seiner Mitmönche verliebte. Einen davon beschrieb er als Zuflucht seiner Seele, den süßen Trost seiner Betrübnisse dessen Herz ihn empfing als er müde von der Arbeit war und dessen Ratschlag ihn erfrischte, wenn er in Trauer zu versinken drohte. „I deemed my heart in a fashion his, and his mine…We had but one mind and one soul…”
Er schrieb, es sei ein großer Trost im Leben, jemanden zu haben mit dem man in der innigsten Umarmung der heiligsten Liebe vereint sein kann, mit dem man ausruhen kann in friedlichem Schlafe, fern vom Lärm der Welt, im Kuss der Einigkeit und mit der Süße des Heiligen Geistes, die über beiden schwebt.

Ich finde, das zeigt ein sehr tiefes und inniges Gefühlsleben, das er stets in wunderschöne Worte zu kleiden wusste. Über seinen geliebten Simon schrieb er nach dessen Tod "The only one who would not be astonished to see Aelred living without Simon would be someone who did not know how pleasant it was for us to spend our life on earth together; how great a joy it would have been for us to journey to heaven in each other's company...Weep then, not because Simon has been taken up to heaven, but because Aelred has been left on earth, alone.” (Simon war eben jener Mönch, mit dem er sich nach eigenen Worten einen Verstand und eine Seele teilte. Genau das wurde übrigens auch über Thomas Becket und Henry II. gesagt.)

Simon war, so schrieb Ailred, für ihn der Mensch, in dessen Seele sein Geist zur Ruhe kam, dem er seine ganze Seele ausschütten konnte. Jemand, dessen Küsse all seine rastlosen Sorgen vertrieben und der Mann, mit dem er weinen konnte, wenn ihn Sorgen plagten und mit dem er glücklich sein konnte, wenn das Leben gut lief. Jemand, der mit ihm nach den Antworten auf seine Probleme suchte und der ihn tief hinab in sein eigenes Herz führte – der Mann, an dem er sich festhielt und mit dem er in jeder Hinsicht eins wurde.

Nicht nur diese schönen Worte haben die Zeit überdauert, sondern auch mehr als 200 Predigten, seine Bücher (De Spirituali Amiticia enthält übrigens einen Nachruf auf Simon) und vor allem das “Life of St. Edward“ ist als über 800 Jahre altes illuminiertes Manuskript immer noch in der Cambridge University Library zu bewundern.

Ælred starb am 12. Januar 1167 56jährig in Rievaulx, wahrscheinlich an Nierenversagen. Vorher schon hatte ihm das raue Klima zugesetzt und er litt immer wieder an Bronchitis. Wie beliebt er gewesen war, zeigt sich auch in seinem Nachruf, den der Zisterzienserabt Gilbert von Hoyland für ihn hielt (sermo 40 in Canticum Salomonis).

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